Diplomarbeit von Kerstin Liekenbrock: Selbstregulation, FH Mannheim 2002
Inhalt
               9.2.4.8. Grenzerfahrungen und der Schutz vor Gefahrensituationen

         9.3. Institutionelle Erziehung
            9.3.1. Die Bedeutung der Selbstregulation in der Kindergartenpraxis
            9.3.2. Die praktische Umsetzung des Prinzips der Selbstregulation am Beispiel ...

            9.3.3. Die Bedeutung der Selbstregulation in der Schulpraxis



9.3. Institutionelle Erziehung

9.3.1.. Die Bedeutung der Selbstregulation in der Kindergartenpraxis

Der Kindergarten ist in unserer Gesellschaft zumeist die erste öffentliche Institution mit der ein Kind in Berührung kommt und somit auch die erste größere Gruppe, welche es kennenlernt. Die Institution Kindergarten ist das erste Bindeglied zwischen dem Individuum und der Gesellschaft und hat daher einen grundlegende Einfluß auf das Kind und wie es sich später als Mitglied dieser Gemeinschaft erlebt. In ihm erfährt es, wer und was in unserer Gesellschaft zählt. Diese Normen und Wertigkeiten (z.B. geschlechtsspezifisches Rollenverhalten) bzw. die Erfahrungen, welche die Kinder im Kindergarten machen, strukturieren u.a. ihre Herangehensweise an die nächste Phase ihrer Biographie. Es ist daher, für Eltern, Erzieher und Sozialpädagogen in besonderem Maße relevant, wie sich die Gesellschaft im Kindergarten präsentiert und wie sich das Kind als Mitglied dieser Gemeinschaft erlebt.

Eines der wichtigsten Ressourcen in der selbstregulativen Kindergartenarbeit, ist wohl die Tatsache, dass wir als Erziehende unsere Kinder und uns selbst nicht mehr einem solchen Erziehungsdruck- bzw. Zwang aussetzten müssen, wenn wir von der Tatsache ausgehen, dass Kinder mit allen wichtigen und positiven Anlagen bereits auf die Welt kommen und dass es darum geht, diese als Erziehenden zuzulassen und wachsen zu lassen. In dieser Grundhaltung steckt viel Achtung und Akzeptanz bezüglich der Individualität und persönliche Entwicklung von Kinder, sowie eine Gleichwertigkeit zwischen Erziehenden und Kindern.

Erzieher können ebensowenig wie Eltern explizit wissen was Kinder wollen und was gut und richtig für sie ist. Kinder haben da individuell sehr unterschiedliche Vorstellungen, Wünsche und Bedürfnisse, die sie innerhalb der Gemeinschaft auch durchaus äußern können, wenn sie frühzeitig die Erfahrung machen, dass man sie ernst nimmt und als ein Mitglied der Gemeinschaft wertschätzt. Ebenso sollten Erzieher grundsätzlich akzeptieren, dass Kinder im Kindergartenalter eine andere (ihre individuelle) "Art" haben, sich an Entscheidungen zu beteiligen, sich einzumischen oder eigenes einzubringen als Erwachsene. Zumeist hilft diesbezüglich die konventionelle Demokratievorstellung der Erwachsener nicht sonderlich weiter.

Kinder in diesem Alter brauchen auch einen geschützten Rahmen, um sich im Zusammenleben mit anderen Kindern ausprobieren zu können. Sie stehen mitten in einem Lern- und Entwicklungsprozeß, bei dem sie sowohl Schutz eines Erziehers, als auch die Zuneigung, Resonanz und liebevoll achtende Begleitung bei den ersten tastenden Schritten dringend benötigen. Ebenso leben sie aber auch in einer ganz subjektiv erlebten Wirklichkeit, folgen zu jeder Zeit den persönlichen Motivationen und nehmen diese als solche wahr. Sie möchten gerne ihr Leben gemäß und unter Aufbietung aller bis dahin jeweils erworbenen Fähigkeiten selbst bestimmen. Sie wollen für sich und andere Verantwortung übernehmen, ihre Lebensbedingungen aktiv mitgestalten und sie wollen Einfluß besitzen und dessen Wirkung erleben. Diese eigene Wahrnehmung, die "subjektive Gegenwart des Kindes" sollte sich der Erzieher nicht nur bewußt sein, sondern er sollte sich auch um Partizipation und Anteilnahme an der Welt des Kindes bemühen. Gleichzeitig sollte der Erzieher auch das Kind an seinen Gedanken teilhaben lassen (wobei jeder das Ausmaß wann, in welcher Form und wie weit er sich öffnen möchte selbst bestimmen muß).

Diese Partizipation, verbunden mit der Tatsache, dass selbstregulative Erziehung durch die Bedürfnisse des Kindes bestimmt wird (nicht durch Dogmen), bilden die Basis auf der das Prinzip der Selbstregulation im Kindergartenalltag verwirklicht werden kann.

9.3.2. Die praktische Umsetzung des Prinzips der Selbstregulation am Beispiel eines öffentlichen Kindergartens unter der Leitung von Anne Walcher

Der erste mir bekannte Kindergarten, der bewußt nach dem Prinzip der Selbstregulation arbeitete, entstand 1985 in Egg an der Günz (eine kleine kath. Gemeinde mit ca. 2000 Einwohnern, etwa 15 km entfernt vom Memmingen). Der Träger dieses öffentlichen Kindergartens war die Gemeinde.

Die Kindergartenleitung besaß Anne Walcher. Sie arbeitete bereits seit 1979 als Erzieherin in leitender Position in dem damals eingruppigen Kindergarten (gemeinsam mit einer Vorpraktikantin betreute sie damals 32 Kinder). Wie ich aus persönlichen Gesprächen mit ihr erfahren konnte, orientierte sich ihre pädagogische Arbeit in den Jahren von 1979 - 1985 an ganzheitlichen Leitzielen, aber nicht an einer konkreten Theorie. Anne Walcher hat ein großes Herz für Kinder und sie arbeitete mit viel Lust und Freude mit den Kindern. Als pädagogische Leitlinie orientierte sich Fr. Walcher bereits damals primär an den Bedürfnissen der Kinder. Ausgangspunkt war für sie ihre eigenen positiven freiheitlichen Kindheitserfahrungen, wodurch sie auch eine große Empathie für die Gefühle und Bedürfnisse der Kinder entwickeln konnte. Ihr Ziel war bereits damals nicht die Anpassung der Kinder an die Anforderungen der Erwachsenenwelt, sondern primär das Glück der Kinder, was wiederum die Basis bildete für ein stabiles Selbstbewußtsein der Kinder, ein stetes Verantwortungsgefühl für sein Umfeld und ein positives soziales Verhalten.

Dieser freiheitliche, gefühlsvolle und emphatische Umgang mit den Kindern wurde 1985 theoretisch untermauert. Durch eine enge Zusammenarbeit mit Klaus Heimann (Vater eines damaligen Kindergartenkindes, Dipl. Pädagoge, Heilpraktiker und Vorsitzender des Zentrums für Orgonomie) stieß Anne Walcher 1985 auf Wilhelm Reich und das Erziehungsprinzip der Selbstregulation. In den folgenden sieben Jahren arbeitete der Kindergarten sehr erfolgreich nach diesem pädagogischen Modell. Es gab fortan zwei Gruppen, die Gruppengröße variierte zwischen 18 - 25 Kinder. Die einzelnen Gruppen waren jeweils mit einer Erzieherin und einer Vorpraktikantin besetzt.

Der Kindergarten besaß einen sehr geringen finanziellen Etat. Die Räumlichkeiten, wie auch deren Ausstattung war nicht frisch renoviert, es gab wenig Spielzeug. Diese an sich bedauerliche Tatsache birgt jedoch auch einen erheblichen Vorteil für die Kinder in sich. Kinder legen sehr oft ohnehin wenig Wert auf Äußerlichkeiten und können sich freier verhalten, wenn sie nicht permanent aufpassen müssen etwas schmutzig zu machen bzw. keinen Kratzer in das teure Inventar zu machen. Ebenso besaßen sie dadurch vermehrten Einfluss auf die gemeinsamen experimentellen Gestaltungsmöglichkeiten ihrer Räumlichkeiten.

Die Knappheit des Spielmaterials führte dazu, dass Kinder in ihrer Kreativität gefordert waren Alternativen zum herkömmlichen Spielzeug zu suchen (z.B. das Spielen mit selbst gefundenen Naturmaterialien, Yoghurtbecher etc.). Wenn Fr. Walcher Spielzeug bestellte, so nahm sie die Auswahl gemeinsam mit den Kindern vor. Oftmals wurde in der Gruppe darüber diskutiert oder abgestimmt, was angeschafft werden sollte. Da die finanziellen Möglichkeiten oft nicht ausreichten, kamen die Kinder auf die Idee ihre eigenen gebastelten Objekte zu verkaufen und von diesem Erlös dann die Spielsachen zu kaufen. Diese Praxis zeigte auch, dass die Kinder fortan einen engeren Bezug zu diesem Spielzeug bekamen, es besaß eine größere Wertigkeit und sie gingen behutsamer damit um.

Damit Kinder ihre emotionalen Entwicklungsschritte vollziehen können, brauchen sie eine gefestigte, sichere und liebevolle Bindung zu einer erwachsenen Bezugsperson, sowie eine geborgene Atmosphäre. Die Rolle der Erziehenden im selbstregulativen Kindergarten in Egg war sehr bewußt und aufmerksam bezüglich den emotionalen Bedürfnissen der Kinder. Eine aufrichtige Anteilnahme, eine lebensbejahende Grundhaltung, Offenheit und die Fähigkeit zu Empathie sind die persönlichen Vorraussetzungen, damit Selbstregulation im Kindergartenalltag auch umsetzbar sein kann. Anne Walcher betont zudem die wichtige Bedeutung, sich als Erziehenden sowohl von dem permanenten Erziehungszwang, als auch von einem pädagogischem Perfektionismus zu lösen. Es ist besonderst für pädagogische Fachkräfte nicht immer einfach sich von den normativen Erwartungshaltungen der Gesellschaft frei zu machen und die Kinder nicht gemäß unseren eigenen Wünschen und "pädagogischen Richtlinien" zu fördern. Erwachsene glauben viel zu oft genau zu wissen was gut oder schlecht ist für das Kind. Kinder sind aber individuell sehr verschieden, haben sehr unterschiedliche Bedürfnisse und Erzieher sollten diese Differenzen und auch Ambivalenzen der Kinder wahrnehmen, um sie dann so anzunehmen wie sie sind.

Für Kindergartenkinder ist es zudem wichtig, die zumeist erste enge Bezugperson ausserhalb der Familie als "normalen" und nicht "perfekte" Menschen erleben zu können. Im Kindergarten in Egg reflektierten die Erzieherinnen ihre eigene Rolle immer mal wieder unter den Gesichtspunkten der Echtheit und Authentizität, das bedeutet, dass sie sich mit all ihren Gefühlen, Stärken und Schwächen zeigen durften und sollten, einschließlich ihren Ambivalenzen (dazu gehört u.a. auch den Kindern gegenüber die eigene Wut zum Ausdruck bringen zu können, wenn z.B. ein Kind von anderen ausgelacht oder diskriminiert wird).

Bereits vom ersten Kindergartentag an zeichnet sich die Grundhaltung des Erziehers bezüglich dem Kind ab. Ein Kind das neu in den Kindergarten kommt benötigt zunächst ausreichend Zeit, um sich von den Eltern zu lösen und um Kontakt zu neuen Personen knüpfen zu können. Dies ist oftmals ein erster und wichtiger Schritt in Richtung Autonomie des Kindes und wird zumeist von Verlustängsten und Trauer begleitet. Diese Gefühle empfindet das Kind meist als sehr bedrohlich und existentiell. Fr. Walcher wies darauf hin, dass diese Emotionen von der Erzieherin unbedingt ernst genommen und geachtet werden müssen (und nicht etwa durch hektische Aktivität übergangen oder davon abgelenkt werden). Auch die kindliche Ambivalenz des langsamen Vortasten und des oftmals gleichzeitigen Rückzugs aus der neuen Situation, welches besonderst in der Eingewöhnungsphase auftritt, wurde in diesem Kindergarten respektiert, ohne die Kinder zu manipulieren oder ihnen den Rückzug zu verwehren. Erfährt ein Kind in dieser Phase Achtung und Respekt, kann es die Sicherheit aufbauen, welche es als Stütze für die folgenden Erlebnisse braucht.

Manchmal wurde Kindern das Kennenlernen der anderen Kinder erleichtern, indem man spielerisch und auf freiwilliger Basis Gemeinsamkeiten und Besonderheiten der jeweiligen Person sichtbar werden ließ. Dabei ist weniger das Aussehen oder Verhalten gemeint, sondern das innere Erleben (was mag das Kind gerne; was ärgert es; worüber freut es sich; was macht ihm Angst; wann wird es wütend etc.). Kinder lernen so nicht nur sich in andere Kinder besser rein zu versetzen und sie dadurch besser kennen zu lernen, sie lernen auch sich selbst bewußter wahrzunehmen und den eigenen Gefühle und Bedürfnisse Raum zu geben und auszudrücken.

Die Betreuer in Egg verstanden sich nicht als die Unterhalter der Kinder, die ständig irgendwelche Spiel- oder Bastelangebote bereit halten müssen (keine Angebotspädagogik). Die Kinder sollen durchaus eigene Ideen hervorbringen und sich an deren Verwirklichung beteiligen, während die Betreuer zunächst abwartend im Hintergrund bleiben. Erst wenn die Kinder nicht mehr weiter wissen oder Hilfe suchen, brachte sich die Erzieherin ein. Sie spielte auch sehr gerne mit, wenn sie und die Kinder dies wollten. Die Erzieherinnen bereiteten auch Spielangebote vor, jedoch wurde kein Kind gezwungen, dabei mitzumachen. Wollte ein Kind ein Angebot der Erzieherin nicht annehmen (z.B. im Stuhlkreis, Singen, Basteln etc.), was sein gutes Recht war, so muss es nicht mitmachen, es sollte jedoch akzeptieren, daß es sich in der Zeit des Spielangebots selbst beschäftigen muss und nicht stören darf.

Vor allem auch im Kindergarten von Anne Walcher, bekamen die Kinder zudem die Möglichkeit ihre altersgemäßen Grundbedürfnisse frei ausleben zu können. Diese sind neben Essen und Trinken (ohne geregelte Frühstückszeiten, sondern je nach Hunger oder Gelüste), auch das Bedürfnis nach frischer Luft, Ruhe bzw. Rückzug (ohne permanente Kontrolle), Spielen, Forschen, Experimentieren, Zärtlichkeit in jeder Form, sowohl Schmusen, als auch Dokterspiele, Toben, Balgen, Nackt- und Laut sein (Kinder durften selbstverständlich laut sein und toben, mußten aber in Kauf nehmen, dass dies mit den Interessen der Anderen unter Umständen kollidierte. Gegebenenfalls ging man sich dann aus dem Weg. Entweder sie gingen nach draußen oder in einem anderen Raum, oder die Anderen).

Neben dem Bedürfnis nach Ordnung, Regeln und Sauberkeit, die dem Zusammenleben dienlich sind, durften auch Wünsche, wie dreckig und unordentlich sein zu wollen, bis hin zum gelegentlichen Chaos, gelebt werden. Es wurde festgestellt, dass sich oft erst über diesen Schritt Kreativität in der Gruppe sich entfalten konnte. Jedoch am Ende des Kindergartentages sollten sie wieder aufräumen, falls nichts anderes gemeinsam beschlossen wird (sie halfen dabei meist recht gerne, wurden aber nicht dazu gezwungen aufzuräumen). Weitere Grundbedürfnisse die befriedigt wurden waren: Befriedigung der Neugierde, Lernen (d.h. Lernen als Folge des aktiven Tuns, des Erfahrens von Sinnzusammenhängen) und Erlebnisse in der Gruppe.

Bei dem Prinzip der Selbstregulation, geht es wie auch in der Lebensform der Demokratie um das Aushandeln von unterschiedlichen Interessen. Oftmals ergaben sich allein durch die differierenden Kinderwünsche Frustrationen, welche nur mit Hilfe von Erwachsenen (oder eines vertrauten älteren Kindes) und deren echter Anteilnahme zu bewältigen waren. Kinder erleben und lernen sich innerhalb dieser Gruppenprozesse zurechtzufinden und ihre persönliche Position darin zu finden. Sie lernen sich zu behaupten, nachzugeben, Kompromisse einzugehen und ihre Konflikte untereinander eigenständig zu lösen. Kam es innerhalb von Streitgesprächen zu Aggressionen, Wut oder Trauer, so sollten diese Gefühle unbedingt ausgedrückt werden dürfen, auch durch Lautstärke (sich anschreien) oder durch körperlichen Ausdruck (aufstampfen, toben, weinen etc.).

Falls es jedoch in einem Konflikt zu einem starken Machtgefälle kam, bzw. die Kinder mit der eigenen Konfliktlösungen die eigenen Grenzen stießen, erachtete es Anne Walcher als sinnvoll als Vermittler zu fungiert (sie fragte dann abwechselnd die Kinder nach den Beweggründen des Gefühlsausbruches und leitete dadurch ein klärendes Gespräch beider Parteien in die Wege). Fr. Walcher legte dabei den besonderen Schwerpunkt darauf, dass die Kinder eigenständig ihre individuellen Lösungsmodelle entwickeln konnten. Diese mußten nicht mit der Vorstellungen der Erzieherinnen korrelieren; Kinder sollten diesbezüglich experimentieren mit welcher Form von Konfliktlösung sie am besten klar kamen, diese individuelle Entscheidung wurde dann von den Erzieherinnen akzeptiert.

Ziel des Kindergartens war es nicht brave und angepasste Kinder zu erziehen (die Kinder dieses Kindergartens galten z.B. in der ortsansässigen Grundschule als besonderst selbstbewußt und aufmüpfig, was bei manchen Lehrern auf Kritik stieß, von anderen Lehrern aber auch sehr geschätzt wurde). Es ging auch nicht um die Vermittlung von Normen, starren Regeln und kognitive Wissensvermittlung, um den Einstieg in das Schulsystem zu erleichtern, sondern das Ziel dieses Kindergartens war es freie, selbstbewußte und glückliche Kinder heranwachsen zu lassen. Die wichtigste Voraussetzung für die freie Entwicklung und Entfaltung der kindlichen Lebenskraft ist die emotionale Lebendigkeit, der freie Ausdruck der Gefühle.

Um Mißverständnisse bezüglich der pädagogischen Arbeit des Kindergarten auszuräumen, mußten die Eltern sowohl informiert werden, als auch möglichst aktiv in das Kindergartengeschehen eingebunden werden. Aus diesem Grund fanden regelmäßig alle zwei Wochen gesellige Elternabende statt. Ziel war es die Eltern auch emotional in die Arbeit des Kindergartens mit einzubinden z.B. in Form von gemeinsamen Zeltlagern, Theaterspiele mit und für die Kinder, gemeinsame Faschingsbälle etc. Zudem wurden die Eltern eingeladen sich an der alltäglichen Kindergartenarbeit aktiv zu beteiligen, das Geschehen zu beobachten, mit zu diskutieren (Toleranz gegenüber Andersdenkenden und Wertschätzung bildeten also nicht nur das Fundament in der Arbeit mit den Kindern, sondern auch das der Elternarbeit). Fr. Walcher berichtete, dass diese Treffen zumeist sehr familiär waren, oft auch lustig und zahlreich besucht wurden.

Sowohl die Eltern, als auch die damalige Gemeinde war mit dieser ganzheitlichen Pädagogik der Selbstregulation sehr zufrieden, nicht zuletzt auch deshalb weil die Erzieherinnen einen sehr liebevollen, toleranten und wertschätzenden Umgang mit den Kindern pflegten und die Kinder sehr gerne in ihren Kindergarten gingen. Die Kinder besaßen zudem auch ein auffallend positives Sozialverhalten (nach Auskunft von Anne Walcher wurden in ihrem Kindergarten keine Kinder (auch keine jüngeren) von anderen ausgegrenzt, Schwächere wurden selbstverständlich integriert, die Meinungen anderer wurde geachtet).

Es wurde auch unter den Eltern oft konstruktiv diskutiert; auseinander trifftende Meinungen gab es vor allem bei den Themen: Sexual- und Religions- bzw. Ethikerziehung.

Nach sieben Jahren erfolgreicher Arbeit endete jedoch dieser Modellversuch im Jahre 1992. Grund dafür war, dass Anne Walcher sich sowohl aus persönlichen Gründen, als auch aus politischen Gründen aus dem Arbeitsleben zurückzog (durch einen politischen Rechtsrutsch bzw. einen Bürgermeisterwechsel wurde ihr zukünftig die nötige Unterstützung ihrer Arbeit innerhalb der Gemeinde sehr erschwert). (diese Informationen entstammen einem Gespräch, das ich mit Anne Walcher am 29.06.2002 führte)



Diplomarbeit von Kerstin Liekenbrock: Selbstregulation, FH Mannheim 2002
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